Die Störche am Lützelsee
Die meiste Zeit des „Lockdowns“ habe ich in der Schweiz verbracht. Freunde haben mir in einer Nachricht beiläufig ein Foto von einigen Storchennestern geschickt, die sie bei einem Spaziergang um den Lützelsee im Zürcher Oberland gesehen haben. Störche am Lützelsee – Mein Interesse war natürlich sofort geweckt. Schon am nächsten Tag war ich dort und total begeistert! Eine Storchenkolonie, keine 30 Minuten von meinem Wohnort entfernt, gut 15 Nester und reges Treiben, ideale Bedingungen für die Vogelfotografie. So ist also mein kleines Fotoprojekt mit den Störchen entstanden und seit Mitte März verbringe ich viele Stunden und Tage bei ihnen. Mittlerweile sind die Jungen groß geworden und werden wohl in wenigen Tagen ausfliegen. Eine spannende Zeit liegt hinter mir und davon möchte ich euch hier einen kleinen Einblick geben.
Die Störche beziehen ihre Nester
Mitte März habe ich die Störche das erste Mal besucht. In zwei riesigen Bäumen, nahe einem Bauernhof, sind etwa 15 Nester zu sehen. Zusätzlich sind 2 Masten mit Plattformen angebracht auf diesen ebenfalls je ein Storchenpaar ein Nest gebaut hat. Es herrscht reger Flugverkehr. Die Störche sind damit beschäftigt die Nester auszubauen und zu reparieren. Ständig werden Äste, Moos oder Gras herantransportiert. Dabei spielen sich auch kuriose Szenen ab: Es gibt fleißige Störche und es gibt „Freche“, die ständig versuchen das Material von einem benachbarten Nest zu klauen… Wird ein Storch beim Klauen erwischt, ist das Entsetzen beim anderen Storch natürlich groß und es kommt zu wilden Streitereien und zu Verfolgungsjagden in der Luft…
Der März ist auch die Zeit in der für Nachwuchs gesorgt wird und es liegt ein Knistern in der Luft. Immer wieder kann ich die Störche bei der Kopula beobachten. Die langen Füße und der große, spitze Schnabel scheinen dabei zwar nicht immer vorteilhaft aber sie schaffen es trotzdem, dass dies sogar nach inniger Vertrautheit aussieht. Ich hoffe natürlich sehr darauf, dass es viel Nachwuchs geben wird und freue mich darauf die jungen Störche zu fotografieren. In gut 1,5 Monaten weiß ich mehr.
Das Brutgeschäft der Störche
Irgendwann im April ist Ruhe in die Kolonie eingekehrt. Alle Nester sind besetzt und fertig gebaut, die Eier sind gelegt und die Störche sind mit dem Brutgeschäft beschäftigt. Das Ganze sieht so aus, dass je ein Storch im Nest auf den Eiern liegt und dabei meist am Schlafen ist während der Partner oft stundenlang auf Futtersuche ist. Kommt der eine Storch zurück ans Nest, gibt es eine kurze Begrüßung ehe der andere Storch auf Futtersuche geht und der Zurückgebliebene meist in wenigen Momenten einschläft… Nicht allzu spannend also und so beschließe ich eine kleine Pause bei den Störchen einzulegen.
Die jungen Störche sind da
Im Mai kehre ich zu „meinen“ Störchen zurück. Wie ich mich nähere, sehe ich schon im ersten Nest einen kleinen Wollknäuel. „Mist, ich bin zu spät“ geht mir sofort durch den Kopf… Aber dann ist gleich die Freude zurück. Ein zweiter Baby-Storch streckt seinen Kopf nach oben und auch in den meisten anderen Nestern entdecke ich junge Störche.
Mittlerweile hat der Baum auf dem sich die meisten Nester befinden eine dichte Hülle aus Blättern bekommen und Nester die ich vor einem Monat noch im besten Abendlicht fotografieren konnte, sind jetzt gar nicht mehr zu sehen.
Besonders die beiden freistehenden Nester auf den Masten bieten mir jetzt tolle Fotomöglichkeiten, um die Aufzucht der Jungen festzuhalten. Wirklich fotogen sehen die Kleinen noch nicht aus. Der Flaum bedeckt noch nicht alle Bereiche ihrer Haut und auch die Federn an den Flügeln müssen erst wachsen. Es ist traumhaft zuzusehen wie sie von den Eltern großgezogen werden. Ein Elternteil ist ständig im Nest und bewacht den Nachwuchs, während der andere Elternteil unterwegs ist und Futter für die Kleinen herbeischafft. Die Rückkehr wird jedes Mal freudig erwartet und die Jungen stürzen sich bettelnd auf das Elternteil bis sie ihr Futter bekommen.
Die Jungen werden von Mal zu Mal größer und wachsen in einem gewaltigen Tempo heran, die Eltern kommen fast nicht nach die hungrigen Mäuler zu stopfen.
Die Jungen werden groß
Mittlerweile ist es Ende Juni und ich rechne damit, dass die Jungen in wenigen Tagen ausfliegen werden. In den letzten Wochen ist ihr Federkleid gewachsen und beim Flugtraining im Nest sind sie schon abgehoben. Von der Größe sind sie kaum noch von den Eltern zu unterscheiden.
Für mich geht mein kleines Fotoprojekt über die Störche langsam zu Ende. Ich habe die Momente unglaublich genossen und es war genial die Störche über einen längeren Zeitraum „begleiten“ zu können.
Die Corona-Zeit brachte viele Änderungen in unser Leben. Ich habe versucht das Beste aus der Situation zu machen und wo immer es ging etwas Positives daraus zu ziehen. Seit Jahren bin ich gerade im Frühjahr immer unterwegs – Workshops, Fotoreisen, Scouting, Fotoprojekte… – meist in irgendwelchen Ländern, weg von Zuhause. Erst diese Situation hat mich dazu gezwungen, mich wieder mehr mit dem zu beschäftigen, das direkt vor der Haustüre liegt. Das war intensiv und toll und ich hoffe diese Erfahrungen auch zukünftig in meine Arbeit einfließen lassen zu können.